Todesanzeige

Julia Dejakum
Inzing
08.10.2016
Kondolenzen
Texte Verabschiedung
30.10.2016Der Regentropfen
Ein kleiner Regentropfen suchte seinen Platz in der Atmosphäre.
Als die Luft abkühlte und sich eine Gewitterwolke zusammenbraute, war der kleine Tropfen mitten im Geschehen und fühlte sich diesem total ausgeliefert. Kurz vor dem Gewitter stauten sich die Energien, und der Druck verstärkte sich.
Da bekam der Regentropfen Angst. Verzweifelt versucht er sich festzuhalten und einen Weg aus diesem Chaos zu finden. Doch er irrte nur im Kreis herum und wurde immer tiefer in den Strudel hineingezogen. Als es für ihn immer dunkler wurde und er sich nicht mehr vorstellen konnte, je wieder ans Licht zu gelangen, gab der kleine Regentropfen auf. Er wusste keinen anderen Ausweg mehr, als sich fallen zu lassen.
Mit einem lauten Schrei ließ der Regentropfen los. Ganz allein glitt er in die Tiefe. Die ihn umgebenden Regentropfen waren fassungslos. „Warum hat er das getan?“, fragten sie sich. „Warum hat er sich nicht an uns festgehalten? Wir hätten ihm doch geholfen, wenn wir gewusst hätten, wie verzweifelt er war.“
Und sie waren sehr traurig darüber, dass der kleine Regentropfen sie so früh verlassen hatte.
Später entlud sich die Gewitterwolke. Ein warmer Platzregen bahnte sich seinen Weg nach unten. Die Tropfen fielen auf die Erde und versickerten im Boden. Doch als der Himmel sich danach wieder aufklärte und die Sonne ihre warmen Strahlen ausschickte, begann der Verdunstungsprozess. Schwerelos trieben die kleinen Wassermoleküle nach oben, um erneut zu Tropfen zusammen zu wachsen. Und als sie schließlich Gestalt annahmen und sich in einer dichten Nebelwolke fanden, waren alle Regentropfen wieder vereint.
Text: Petra Hillebrand, ergänzt Werner Dejakum